Die Überarbeitung der ISO27006 bringt entscheidende Anpassungen für ISMS-Audits nach ISO27001 – besonders für digitalisierte Unternehmen. Ich habe mich mal damit beschäftigt und folgende Kernpunkte identifiziert:

Neue Berechnungslogik für Audit-Tage

  • Mitarbeiterzahl statt Standorte: Die Auditzeit wird nun ausschließlich anhand der Anzahl der im ISMS-Scope arbeitenden Personen berechnet – inklusive Freelancer und externer Kräfte.
  • Standortrelevanz entfällt: Die frühere Pflicht, physische Standorte automatisch in die Berechnung einzubeziehen, wurde gestrichen. Stattdessen erfolgt die Verteilung der Audit-Tage nach Risikobewertung und Aktivitätsschwerpunkten.

Modernisierte Remote-Audit-Regeln

  • Flexiblere Remote-Anteile: Die frühere 30%-Obergrenze für Remote-Auditanteile entfällt. Stattdessen liegt der Fokus auf der Wirksamkeit der Methodik.
  • Klare Dokumentationspflicht: Für virtuell arbeitende Unternehmen ohne physische Standorte muss dies explizit im Auditbericht vermerkt werden.

Vereinfachte Auditor-Qualifikation

Keine starren Erfahrungswerte: Quantitative Vorgaben wie “4 Jahre Berufserfahrung” für Auditoren wurden gestrichen. Die Kompetenzbewertung erfolgt jetzt risikobasiert.

Technische Anpassungen

  • Kontrollen-Alignment: Annex E wurde an die aktualisierten Sicherheitskontrollen der ISO 27001:2022 angepasst.
  • Redundanzen entfernt: Doppelungen mit ISO/IEC 17021-1 (Allgemeine Anforderungen an Zertifizierungsstellen) wurden bereinigt.

Transparentere Multi-Site-Audits

Detailierte Vorgaben: Annex C liefert jetzt explizite Berechnungsmethoden für Überwachungsaudits, Rezertifizierungen und Multi-Site-Szenarien.

In Summe sind das alles m.E. sehr hilfreiche Anpassungen, um die Prüfungshandlungen von Zertifizierungsstellen bei geprüften Organisationen realistischer als bisher zu gestalten. Was mir auffällt: noch scheinen nicht alle Zertifizierungsstellen diese Änderungen umgesetzt zu haben. Jedenfalls hatte ich erst letzte Woche wieder ein Datenabfrage-Dokument bekommen, in dem nach wie vor nach der Anzahl der Standorte gefragt wurde – und in dem diese auch in die Berechnung des Audit-Aufwands eingegangen sind.

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